Kindlicher Spracherwerb

Kindlicher SpracherwerbBabys drücken ihre Bedürfnisse, Wünsche, Emotionen und das Befinden durch Schreien, Weinen, Lachen, Lallen, Gurren sowie Quietschen aus. Sie nutzen auch nonverbale Elemente zur Kommunikation wie die Mimik, Gesten, Lächeln und Handlungen z.B. Zeigen, Nehmen, Geben, Wegstoßen.

Kinder lernen die Sprache vor allem durch Ansprache im Gespräch .

Wichtig dabei ist es für die Eltern, den Spaß am Sprache erlernen zu erhalten. K.o. -Kriterien sind hier ständige Korrekturen des Kindes sowie mangelndes Interesse an ihm und seinen Kommunikationsversuchen.

Untersuchungen haben gezeigt, dass bereits 4 Tage alte Babys die Muttersprache anderen sprachen vorzieht. Sie können eher Sprache verstehen, als ausdrücken.

In den ersten vier bis sechs Jahren lernen Kinder die Sprachmelodie und den Sprachrhythmus der Muttersprache zu erkennen und einzusetzen, Laute zu unterscheiden und nachzusprechen, sowie Regeln der Wortbildung, des Satzbaus und anderer grammatischer Funktionen. Sie erschließen Regeln in einem eigenständigen, unbewussten Prozess .

Phasen des Spracherwerbs:

  1. Säuglinge – Ammensprache/Babytalk – hohe, verständliche Tonlage, ausgeprägte Sprachmelodie, viele Wiederholungen
  2. ab 2. LJ – stützende Sprache – unterstützt Worterwerb – einfache Dialoge
  3. ab 3. LJ – lehrende Sprache – fördert Grammatikerwerb, Eltern wiederholen Äußerungen und korrigierender oder ergänzender Form, ohne diese als Korrekturen zu kennzeichnen

Spracherwerb als Verlernen:

Japanische und chinesische Kinder können den Unterschied zwischen l und r bis zum 8 Lebensjahr hören (Sensibel für Lautdifferenzierung)

0 – 1 Lebensjahr = Prälinguale Phase

  • Vor Sprechen steht das Hören
  • reagieren in der Regel stärker auf weibliche Stimmen, erkennen Stimme der Mutter und Vater
  • Schreien
  • nach etwa 2 – 3 Monaten produzieren sie unterschiedliche Geräusche
  • Spielen und Experimentieren mit Zunge, Kehlkopf und Lippen
  • Sie lernen, zufällig produzierte Laute bewusst zu erzeugen
  • 0 – 8 Wochen – heulen, schlucken, niesen, aufstoßen
  • 8 – 20 Wochen – girren, lachen, volkalisieren
  • 16 – 30 Wochen – vokales Spiel mit einfachen Lauten
  • 25 – 50 Wochen – Plappern
  • 6 – 9 Monate Lallphase – dadada, gugugu
  • 9 – 18 Monate – Plappern, Hinzufügung von Betonung und Intonation der Muttersprache (dáda dáda), franz. (dadá dadá)
  • gebrabbelte Silbenketten ähneln mehr und mehr einfachen, richtigen Wörtern, doch bis zum bewußten Sprechen vergeht noch einge Zeit
  • ab 9. Monat Objektpermanenz – Auto immer Auto, egal, ob man damit spielt, oder es sich unsichtbar in der Kiste befindet
  • Bedeutung von Mama und Papa ist frühestens ab dem 10. Monat klar
  • mit rund einem Jahr Produktion erste Worte, gewöhnlich Mama, Papa (Silbenverdoppelung) ode reinfache Versionen von Wörtern, die zu schwer auszusprechen sind (Fasse – Flasche, Bume – Blume), symbolhafte Worte (heia, wawa), eigene Wortschöpfungen
  • Übergeneralisierung: WauWau

Verse vermittel Sicherheit

„Das ist der Daumen, der schüttelt die Pflaumen, der hebt sie auf …“

Verse vermitteln über Sprache Gefühle und vertiefen die soziale Bindung zwischen Mutter und Kind. Das Wiederholen verleiht dem Kind ein Gefühl von Sicherheit, Vertrautheit, Wohlbehagen. Sie trainieren die Motorik und die Sprachkompetenz. Verse mit körperlichen Kontakt und Bewegungen wirken besonders intensiv.

Kinderreime/Spiellieder fördern das Sprachgefühl

Durch Rhythmus und Melodik und Vershaftigkeit sind Spiellieder besonders eingängig. Die Kinder lernen den Klang der Muttersprache kennen und sensibilisieren ihr Gehör dadurch. Ältere Kinder lernen z.B. zählen / Wortschatzerweiterung („Morgen früh um 6 kommt die kleine Hex….“)

1. Lebensjahr – Frühlinguale Phase

  • nach 1. Geburtstag: einzelne Wörter werden als Einwortsätze verwendet, können ganze Handlungen beschreiben, Gefühle und Bedürfnisse ausdrücken, Aufforderungen beinhalten
  • triumphierendes „Ball“ – gesichtet, zum Rollen gebracht
  • aufforderndes „Ball“ – Mutter soll Ball bringen
  • empörtes „Ball“ – möchte Ball wieder haben – unterstützt durch Mimik und Gestik
  • vor allem im Alter von etwa 18 Monaten nimmt der Wortschatz explosionsartig zu,
  • Zweiwortsätze: Mama Schoß, Wau wau bellt
  • Satzmelodie gewinnt an Bedeutung – Fragen stellen (an Umwelt interessiert)
  • lernt, das Sprache nicht nur mit Personen und Gegenständen, sondern auch mit Handlungen verbunden ist.
  • Kann einfache Handlungen und Aufforderungen erfassen, wenn Schlüsselwörter verwendet werden: Wir gehen auf den Spielplatz. Holst du deine Schuhe?
  • Mit 15 Monaten rund 5 Wörter
  • gegen Ende des 2 LJ bei einigen 400 Wörter, andere 10 Begriffe – normale Sprachentwicklung – Sprachjäger und Wortsammler
  • Man schätzt, dass ein Kind im Alter von 6 Jahren 14000 Wörter versteht und im Alter von 16 Jahren 60000. – Kind erlernt somit durchschnittlich 9 Wörter pro Tag

2 ½ -5 – Differenzierungsphase

  • Was im 2 LJ begonnen hat, beschleunigt sich im 3. LJ noch mal erheblich
  • Drei Wort Sätze
  • „ich“
  • dank der kognitiven Entwicklung sind die Kinder immer besser in der Lage, die innere Vorstellung von der Welt aufzubauen, Handlungen gedanklich auszuführen und sie mit Wörtern zu verbinden
  • Bildung von Kategorien und Hierarchien
  • Anhand von Erfahrungen, die bereits mit erlernten Wörtern gemacht wurden, gelingt es 2 Jährigen immer besser, neue Begriffe zuzuordnen (Vögel – Huhn, Ente, Amsel …)
  • lernen, dass gleiche Dinge und Lebewesen mit unterschiedlichen Wörtern bezeichnet werden können – Hund – Dackel/Pudel – Struppi/Oskar – Lebewesen.
  • 2 ½ Jährige können schon Sätze mit 3,4,oder 5 Wörtern bilden.
  • Grammatikale Regeln haben Kinder in dieser Phase des Spracherwerbs verstanden, machen nur selten Fehler in der Ordnung von Substantiven und Verben: „Johanna auch Kuchen essen“
  • Mit der Zeit auch Konjugation: „Johanna isst .“
  • ab 2. Hälfte des 3 LJ Erweiterung des aktiven Wortschatzes – mehr Verben, Pronomina, Hilfsverben, Präpositionen, Adverbien, Konjunktionen – wie, und, weil, oder, aber, denn
  • Lernen grammatikalische Regeln, Fallen und Ausnahmen müssen erlernt werde: Dunkelheit – Helligkeit (Hellheit), Reichtum – Armut (Armtum) ect.

Ignorieren und Korrigieren

Sprechfehler. „Papa is snell in Teller gegeht“

Diese fehlerhafte Aussage sollte nicht korrigiert, kommentiert oder vorgehalten werden, da man ansonsten den kindlichen Spracheifer bremst. Am besten wiederholt man den Fehler in korrigierter Form langsam und deutlich. Das Kind bemerkt durch das Zuhören den Fehler und wird unbewusst versuchen, ihn zu verbessern.

„Papa is snell in Teller gegeht“

„Ach, der Papa ist schnell in den Keller gegangen?“

Viel mit Kindern sprechen und vorlesen sind die besten Korrektive für fehlerhaftes Sprechen !

Kommunizieren Sie mit dem Kind, interessieren Sie sich für seine Erzählungen, nehmen Sie es ernst.

„Übersetzen“ Sie seine Äußerungen und fragen Sie behutsam nach, wenn es über einen Vorfall chaotisch berichtet.

Sie fördern auf diese Weise die Freude des Kindes am Sprechen und somit seine Entwicklung.

Quelle:

Vom Baby zum Schulkind – Ein Praxisbuch für Eltern, Hsg: Prof. Dr. Klaus Fröhlich-Gilhoff, 2008 Wissen Media Verlag GmbH, Gütersloh/München